Sonntag, 28. Juni 2020

Perry Rhodan Band 300: Alarm im Sektor Morgenrot

Autor: K. H. Scheer
Erschienen: 1967
Rund 30 Jahre nach dem MdI-Krieg herrscht im Solaren Imperium relative Ruhe. Nur die Blues an der Eastside der Galaxis liefern sich hin und wieder Scharmützel. Zu Beginn des Roman lernen die Leser Perry Rhodans Tochter Suzan Betty kennen. Sie ist mit dem als Spinner angesehenen Physiker Geoffry Abel Waringer verheiratet. Ihr Zwillingsbruder Michael verschwand einst mit 24 Jahren nach seinem Studium, da er ein Leben im Schatten seines Vaters für wenig erstrebenswert hält und es aus eigener Kraft schaffen will.
Als der Kreuzer KOBE im terranischen Aufmarschgebiet Morgenrot nach einem Linearflug mitten in einer Raumschlacht der Blues erscheint und schwer beschädigt wird, eilt ihm das Raumschiff FRANCIS DRAKE des Freihändlerkönigs Roi Danton zu Hilfe. Die Freihändler werden im Imperium als eigenständige Organisation geduldet, jedoch im Hinblick auf ihre Gesetzestreue argwöhnisch beobachtet. Es kann ihnen kaum etwas vorgeworfen werden, da man den Handel mit primitiven Völkern, bei denen diese für ihre Rohstoffe angeblich nur Glasperlen und wertlosen Tand erhalten sollen, eher als Kavaliersdelikt betrachtet. So ist es kein Wunder, dass Atlan, der mit seinem Flagschiff IMPERATOR an den Ort des Geschehens eilt, die DRAKE einer Inspektion unterzieht. Hierbei wird nichts Verdächtiges gefunden. Es ist jedoch mehr oder weniger offensichtlich, dass bei der Rettungsaktion für die KOBE die geheimste Waffe des Solaren Imperiums zu Einsatz kam, die Transformkanone, die niemand sonst besitzen sollte.
Danton und seine Leute werden ziehen gelassen und gehen weiter ihrer Wege. Diese führen sie in das nach dem Freihändler benannte Rois System zum Planeten Rubin. Hier erwirbt Roi von den käguruhähnlichen Eingeborenen fleißig die für die Raumfahrt unentbehrlichen Howalgoniumkristalle. Darauf gründet sich sein Milliardenvermögen. Entgegen der gängigen Meinung besteht die Bezahlung nicht aus Tand, sondern aus hochwertigen Werkzeugen, Lastenkarren und anderen Gebrauchsgegenständen.
Rois Flug ist jedoch nicht unbemerkt geblieben, da man sich fragte, was er im Sektor Morgenrot zu suchen hatte, erscheint alsbald ein gemischter Flottenverband aus USO und Solarer Flotte unter Atlan und dem herbeigeeilten Perry Rhodan über Rubin. Es kommt zu einem Paralysatorgefecht zwischen den Soldaten des Imperiums und den Freihändlern und schließlich zu einem Degenduell zwischen Danton und Atlan.
Mittlerweile ist völlig unbemerkt von beiden Parteien ein gigantisches Objekt aus dem Hyperraum erschienen. Es wird befehligt von einem Koordinator und mehreren Sektionskommandanten. Diese wirken seltsam verwirrt, zwei von ihnen werden offen als "wahnsinnig" bezeichnet. Das Objekt wurde wohl in ferner Vergangenheit entsandt und soll dem Solaren Imperium militärische Hilfe bringen. Im Fall eines zwischenzeitlich erfolgten Untergangs des SI soll bei den verbliebenen Menschengruppen für Ordnung gesorgt werden. Als der Koordinator feststellt, dass sich auf einem Planeten im Sektor Morgenrot (einem Gebiet, in dem sich auf jeden Fall noch Menschen befinden sollten, deshalb hat man es angeflogen) zwei Menschengruppen bekämpfen, wobei dann auch noch primitive Stichwaffen eingesetzt werden, zieht er den Fehlschluss, dass die Anarchie ausgebrochen ist, die wildgewordenen Guerillatruppen bekämpft werden müssen und schickt eine seiner Plattformen zu einem Angriff aus. Diese schleust sagen und schreibe 840 Ultraschlachtschiffe terranischer Bauart aus, mehr, als die Galaxis je gesehen hat. Eine zweite Plattform, deren Kommandant als wahnsinnig gilt, schließt sich dem Angriff an.
Da nach Rubin kein Durchkommen mehr ist und sich einzig die FRANCIS DRAKE  auf dem Planeten befindet, müssen Perry Rhodan, Atlan und ihre Leute mit Hilfe Roi Danton die Flucht antreten. Beim Durchbruch durch eine Übermacht zeigt dieser, dass er nicht nur über Transformkanonen, sondern über eine überaus wirksamen neuartige Ladeautomatik verfügt. Zudem besitzt er einen HÜ-Schirm. Voll Dankbarkeit lässt man Danton nach erfolgter Rettung ziehen, der auf Nachfrage nur entgegnet, ein naher Verwandter habe ihn mit seinen technischen Errungenschaften ausgestattet. 
Bei einen Gespräch Danton mit seinem Leibwächter Oro Masut erfährt der Leser schließlich das Offensichtliche: Roi Danton ist in Wirklichkeit Michael Reginald Rhodan. Dieser ist zwar stolz sein auf seinen wirtschaftlichen Erfolg, glaubt aber, dass ein Multimilliardär eben noch lange kein Perry Rhodan sei und will sich in absehbarer Zeit noch nicht zu erkennen geben.
Ein spannender, wenngleich inzwischen uralter Roman, der am Anfang eines neuen Handlungsabschnittes steht und das Interesse des Lesers an nachfolgenden Romanen weckt.
Es gibt einige Aspekte, die aus heutiger Sicht antiquiert wirken. Da ist zunächst einmal der Personenkult um Perry Rhodan. Hier übertreibt Scheer wie gewöhlich. Für (nicht nur) heutige Leser schier unerträglich ist die Auftaktszene, in der ein junger Offizier der Abwehr Rhodans Tochter für dessen Geliebte hält (Aus dem weiteren Verlauf der Handlung ergibt sich ein durchaus lebhaftes Interesse an Klatsch und Tratsch im Solaren Imperium, sollte das Aussehen von Rhodans Tochter unter diesen Umständen nicht hinreichend bekannt sein?) und dementsprechend versucht, den mutmaßlichen Fauxpas seines Vorgesetzten zu verheimlichen. Er hält Julian Tifflor einen Strahler vor die Nase, um diesen daran zu hindern, den Chef in flagranti zu erwischen. Natürlich löst sich alles in Wohlgefallen auf. 
Ein Weltraumheld mit Perfektion ist zu allen Entstehungszeiten und Handlungszeiten in Ordnung (wenngleich die Perfektion nicht  zwingend notwendig ist), auch Commander McLane und Captain Kirk sind in ihren Funktionen perfekt. Das Gleiche gilt für andere Heftchenhelden wie Jerry Cotton. Aber muss der Weltraumheld unbedingt Politiker sein? Ein perfekter politischer Anführer hat einen etwas merkwürdigen Nachgeschmack. Zudem erinnert die Politik des Imperiums recht stark an Unterdrückung und Bevormundung. Nach heutigem Maßstab latenter Rassismus fehlt nicht, so werden die Blues einmal als "Tellerköpfe" und die Ureinwohner Rubins als "Rote" bezeichnet.
Roi Dantons Maskerade (Puder und Perücke) scheint wenig geeignet, seine Identität dauerhaft zu verschleiern, aber das ist bei Supermans Clark-Kent-Fassade auch der Fall. Solches ist man bereit zu akzeptieren. Danton macht hier gleichzeitig den Actionhelden und den Comic Relief, und das ist gekonnt ausgeführt. Von einer Sekunde zur anderen lässt er das affige Gehabe eines französischen Edelmannes des 18. Jahrhunderts sein und wird zum effektiven Raumschiffskommandanten des 25. Jahrhunderts. Die französischen Einsprengsel sind nur VHS-Kurs-Niveau, das ist schade, zumal Atlan im Spiel ist, der den echten Danton natürlich persönlich kannte. Ebenso kennt er das Französisch jener Zeit. Der Komiker vom Dienst Gucky fehlt in diesem Band wohlweislich, er tritt erst im übernächsten Band "Gestatten, Gucky und Sohn" von Darlton wieder auf.
Die Raumschlacht bietet beste Weltraum-Action. In der Hinsicht lässt Scheer nichts anbrennen. Das Rätsel um die noch völlig unbekannte Bedrohung wird perfekt inszeniert. Auch der nächste Band wird gut vorbereitet. (Absturz des Kreuzers BLACK HILLS unter Kriegsveteran Don Redhorse auf einer der Plattformen, ein Fall für Voltz)
Abgesehen von der Heldenbeweihräucherung gegenüber Perry Rhodan im Besonderen und den Terranern im Allgemeinen, die zu jener Zeit ausschließlich in den Scheer-Romanen typisch war ein sehr spannender und unterhaltender Roman aus der Frühzeit der PR Serie.

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