Montag, 7. Oktober 2013

RTL-Fernsehfilm: Helden

Beginnen wir mit einer wahrhaft dummen Angelegenheit. Der Filmtitel lautet vollständig "Helden - wenn dein Land Dich braucht". Dem Vernehmen nach waren ganze Kinosäle voller Zuschauer durchaus angetan von dem Filmtrailer. Bis der Titel samt Untertitel genannt wurde und sich alle vor Lachen bogen. So etwas darf nicht passieren. Wenn man ein gutes Produkt hat, gibt man ihm nicht einen so haarsträubend dummen Untertitel. Die Verpackung spielt immer auch eine Rolle.
Lauterbachs Schlusszeile und der Sendetermin (3. Oktober) verraten es überdeutlich: Hier hat Roland Emmerichs "Independence Day" (ID4) Pate gestanden.
Ein bunt zusammengewürfeltes Figurenensemble gehört in jeden Katastrophenfilm, aber hier müssen die sehr unterschiedlichen Figuren -wie in "ID4" auch- zusammenstehen, um die globale Zerstörung abzuwenden und mit den Folgen der bisherigen Katastrophen fertig zu werden. Und da haben wir sie nun: angeführt von Bauarbeiter Hannes Jaenicke und Wissenschaftlerin Christiane Paul, die einen Computerhacker suchen müssen, der als Einziger die Mittel besitzt, mit denen ein fehlgeschlagenes Experiment noch aufgehalten werden kann. Hinzu kommen die beiden Brüder auf der Gurkenplantage, Armin Rohde und Ingo Naujocks (ja genau, der Anti-Spießer) als Schalker Fußballfans und Heiner Lauterbach als Bundeskanzler. Nicht zu vergessen Yvonne Catterfeld.
Interessanterweise wurde Lauterbachs Rolle dahingehend kritisiert, dass er in der Rolle wie sein eigenes Denkmal wirke. Also viel zu passiv. Nur: Ein Bundeskanzler ist kein US-Präsident. Er kann nicht schweren Herzens Nuklearschläge anordnen, wie Bill Pullman das in ID4 tut. Und natürlich kommt die (hier potentiell fatale) Anordnung eines Nuklearschlages von der NATO. Tatsächlich bleibt dem Kanzler nur, die Ruhe zu bewahren und den Überblick zu behalten. Und Reden zu halten.
Anders als die amerikanischen Kollegen brauchen die deutschen Helden gelegentlich einen kleinen Anschubser. Aber auch dieser Umstand rechtfertigt den dämlichen Untertitel nicht. Auffällig auch die andere Thematik: Geht es bei ID4 um Aliens (die hier nur spaßeshalber erwähnt werden), ist es in diesem Film die eigene menschliche Hybris, die zur Zerstörung führt.
Gute Effekte (Untergang des Reichstages!) , angemessene Story, gut gespielt (bis auf die merkwürdig überzogen agierende Christine Neubauer). Christiane Paul ist so ziemlich die einzige Darstellerin, der man die Wissenschaftlerin 100% abnimmt. Das mag darin liegen, dass sie auch Ärztin ist.
Die eigentümliche Kritikwelle, die der Film hervorgerufen hat, ist meines Erachtens darauf zurückzuführen, dass der deutsche Durchschnittszuschauer einen solchen Stoff nicht in einem deutschen Kontext zu akzeptieren bereit ist. Es bedarf immer einer gewissen Verfremdung. Vorgeschoben wird die Kritik an wissenschaftlichen Unlogeleien. Die gibt es in amerikanischen Produktionen wie ID4, The Day after Tomorrow oder 2012 jedoch auch zuhauf. Es wäre mir neu, wenn der durchschnittliche RTL-Zuschauer auf einmal Experte für Kernphysik, Dramaturgie und Schauspielkunst sein sollte.